Europäisches Patentamt: Dienstgebäude in Wien setzt auf moderne Wärmepumpentechnologie mit Ammoniak als natürlichem Kältemittel
Wenn Gebäude in die Jahre kommen, stellt sich fast immer die Frage „Abreißen oder Sanieren?“
DATUM 2024-10-28Die meisten Bestandsgebäude verfügen über eine schlechte Energieeffizienz, was sie unwirtschaftlich und klimaschädlich macht. Viele Immobilien werden daher abgerissen, obwohl eine Modernisierung grundsätzlich möglich und vielfach sogar deutlich umwelt- und klimaschonender wäre. Durch eine Sanierung werden Ressourcen geschont, indem vorhandene Strukturen und Materialien genutzt statt zerstört und entsorgt werden. Das Europäische Patentamt in Wien hat sich entschieden, sein bestehendes Dienstgebäude bis auf den Rohbau zu entkernen und vollständig zu renovieren. Diese Entscheidung wurde mit einem klaren Fokus auf ökologische Nachhaltigkeit und CO2-Neutralität getroffen.
Kohlenstoffneutralität über den gesamten Lebenszyklus
Die Renovierungsarbeiten haben bereits im November 2022 begonnen und sollen bis Ende 2024 abgeschlossen sein. Durch die Entscheidung, die ursprüngliche Betonstruktur des vierstöckigen Gebäudes zu erhalten, wird – im Vergleich zu einem Totalabriss und vollständiger Rekonstruktion – etwa die Hälfte an Kohlendioxid gespart. On top wird das Gebäude mit modernster Technologie ausgestattet. Dazu gehört eine eigene Ökostrom-Versorgung, die mehr Energie generiert verbraucht, als das Gebäude zum Betrieb seiner Grundfunktionen Heizung, Kühlung, Lüftung, Beleuchtung und Warmwasser benötigt. So kann der Bau die bei der Sanierung entstandenen CO2-Emissionen im Laufe seiner Lebensdauer vollständig selbst kompensieren.
Modernes Wärmepumpensystem
Zum Gesamtkonzept gehört ein Wärmepumpensystem mit 20 Sonden, die 200 Meter tief unter dem bestehenden 2. Untergeschoss des Gebäudes ins Erdreich gebohrt sind. Im Winter entzieht das System dem Boden Wärme und heizt damit das Gebäude deutlich effizienter als mit Luftwärmepumpen und deutlich emissionsärmer hinsichtlich CO2-Ausstoß als herkömmliche Gasheizungen. Im Sommer wird durch eine Prozessumkehr in der Wärmepumpe eine Kühlung des Gebäudes realisiert. Die treibende Kraft sind zwei maßgeschneiderte Wärmepumpen der Equans Kältetechnik GmbH, die in Österreich, Deutschland und in der Schweiz zu den führenden Unternehmen im Bereich der Industrie-, Klima- und Gewerbekälte sowie Wärmepumpentechnologie zählt.
Natürliches Kältemittel: Ammoniak
Die ursprüngliche Konzeption sah eine einzelne Anlage mit 500 kW Kälte- und 580 kW Heizleistung vor. Gemeinsam mit dem für die Planung zuständigen Büro wurde schließlich jedoch eine Lösung mit zwei Wärmepumpen entwickelt. Der Vorteil: größere Ausfallsicherheit und eine bessere Regelbarkeit.
Auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden sollten die Wärmepumpen mit einem natürlichen Kältemittel arbeiten. Aufgrund seiner herausragenden thermodynamischen Eigenschaften fiel die Wahl auf Ammoniak, das bislang vorrangig als klassisches Industrie-Kältemittel bekannt und im kleineren Leistungsbereich so gut wie nie anzutreffen ist.
NH3 besitzt weder Ozonabbaupotenzial noch Treibhauspotenzial und ist darüber hinaus unschlagbar in punkto Effizienz“, erklärt Equans-Projektleiter Jan-Hagen Kremser. „Unsere Lösung für das Europäische Patentamt besteht aus zwei maßgeschneiderten Equans smartPACK-L7 Kompaktanlagen mit jeweils zwei Verdichtern. Selbst im niedrigeren Leistungsbereich zeigt der Equans smartPACK-L7 eine herausragende Effizienz bei der Verwendung von Ammoniak."
Verdampfer und Verflüssiger: Alfa Laval semi-verschweißte Plattenwärmeübertrager
Als Verdampfer und Verflüssiger wurden jeweils zwei Alfa Laval Plattenwärmeübertrager vom Typ T10-EW in die Anlage integriert. Diese semi-verschweißte Wärmetauscher sind besonders sicher, zuverlässig und energieeffizient. Sie erbringen selbst in den anspruchsvollsten Anwendungen eine zuverlässig hohe Wärmeleistung und überzeugen durch ihre hohe Ermüdungsbeständigkeit. Dank ihrer Bauweise sind sie ideal für Ammoniak-Anwendungen geeignet und halten hohen Drücken und Temperaturen stand.
Der Verflüssiger verfügt über eine Leistung von 292 KW und erwärmt Wasser von 38 auf 47 Grad Celsius bei einer Verflüssigungstemperatur von 50 Grad Celsius. Der Verdampfer hat eine Leistung von etwa 252 KW und kühlt die frostsichere Ethylenglykol-Sole von 16 auf 7 Grad Celsius bei einer Verdampfungstemperatur von 4 Grad Celsius.
Auf besonderen Wunsch des Kunden ist in beiden Wärmepumpen zusätzlich ein Enthitzer vom Typ Alfa Nova im Einsatz. Dieser fusionsverschweißte Plattenwärmeübertrager liefert etwa 38 KW Leistung und nutzt das 116 Grad Celsius heiße Druckgas, um Wasser von 55 auf 60 Grad Celsius zu erwärmen und als Brauchwasser nutzbar zu machen. Wie die Plattenwärmeübertrager vom Typ T10-EW ist auch der Alfa Nova vollständig aus Edelstahl gefertigt und für den Kontakt mit Ammoniak ausgelegt.
Spezielle Dichtungen aus der Alfa Laval HeatSeal-Serie sorgen dafür, dass mit den beiden Wärmepumpen der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) für Ammoniak im Betrieb nicht überschritten wird. Dieser liegt bei 14 mg/m³. Höhere Konzentrationen können panikartige Reaktionen hervorrufen.
Die von uns maßgeschneiderte Lösung trägt dazu bei, das natürliche Kältemittel Ammoniak auch für kleinere Leistungsbereiche attraktiv zu machen", freut sich Equans-Geschäftsführer Philipp Baumgartner. „Bislang wurde NH3 fast ausschließlich in der Industrie verwendet. Jetzt können auch andere Branchen davon profitieren – wie in diesem Fall der Immobiliensektor.“
Maßgeschneiderte kompakte Lösung
Eine besondere Herausforderung bestand darin, die jeweils vier Tonnen schweren Anlagen in das Gebäude zu bringen. Der Maschinenraum, in dem die Wärmepumpen installiert werden sollen, befindet sich im Untergeschoss des Gebäudes. Um diesen zu erreichen, mussten die Anlagen über die Tiefgarage in das Gebäude transportiert werden. Die niedrige Einfahrthöhe von der Straße bis zum Maschinenraum im Untergeschoss begrenzte die Bauhöhe auf maximal 2,10 Meter. Daher wurde die Anlage entsprechend kompakter und niedriger konzipiert.
„Ein Zusammenbau in der Werkstatt mit direkter TÜV-Abnahme ist zweifellos einfacher und sicherer", erklärt Philipp Baumgartner. "Deshalb freut es mich sehr, dass wir unsere Kompaktanlage so angepasst haben, dass wir unseren neuen Produktionsstandort in Theresienfeld nutzen und die Anlage im Ganzen liefern konnten. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten, und genau deshalb schätzen wir die Partnerschaft mit Alfa Laval sehr. Als Weltmarktführer für Plattenwärmeübertrager verfügt Alfa Laval über ein umfassendes technisches Know-how und ist versiert im Bereich natürlicher Kältemittel. Zudem ist das Unternehmen äußerst zuverlässig und flexibel und teilt unsere hohen Maßstäbe in punkto Qualität und Nachhaltigkeit.“
Gesamtkonzept mit vielen Besonderheiten
Das Energiekonzept des Europäischen Patentamts in Wien umfasst neben dem ausgeklügelten Wärmepumpensystem auch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach und an den Fassaden. Zusätzliche umweltfreundliche Maßnahmen wie die Verwendung einer Holzfassade, Regenwassertanks und viele Pflanzen machen das Gebäude noch nachhaltiger und tragen zur Einsparung von Wasser und Energie bei.
Über Equans Kältetechnik GmbH
Equans Kältetechnik ist ein führendes Unternehmen in den Bereichen Industrie-, Klima- und Gewerbekälte sowie Wärmepumpentechnologie in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Egal, ob es sich um kleine gewerbliche Kältemaschinen oder komplexe industrielle Anlagen handelt, Equans entwickelt maßgeschneiderte, wirtschaftliche und energieeffiziente Lösungen für alle Anforderungen mit dem Schwerpunkt auf natürliche Kältemittel. Dank seines umfangreichen technischen Know-hows ist das Unternehmen jederzeit ein zuverlässiger Partner für Kälte und Wärme.
Über das Europäische Patentamt (EPA)
Das Europäische Patentamt (EPA) wurde 1977 gegründet und ist für die Prüfung von Patentanmeldungen und die Erteilung europäischer Patente zuständig. Es beschäftigt rund 6 300 Mitarbeiter an seinem Hauptsitz in München und in seinen Dienststellen in Den Haag, Berlin und Wien.
Die Lösung
Semi-verschweißte Plattenwärmetauscher
Die semi-verschweißten Plattenwärmetauscher von Alfa Laval eignen sich für Flüssigkeiten und Gase, die mit normalen Dichtungen oder höheren Drücken nicht kompatibel sind. Sie kommen häufig in Kälteanwendungen zur Verdampfung und Kondensation von Ammoniak und CO2 zum Einsatz.
Das einzigartige Alfa Laval RefTight™ Dichtungssystem garantiert eine lange Lebensdauer der Abdichtung zwischen den verschweißten Kanälen, da sich die Laserschweißung an der Außenseite der Ringdichtungsnut befindet. Die glatte Oberfläche sorgt für eine wirksame, gleichmäßige Abdichtung über den gesamten Dichtungsring.